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Erfahrungen mit einer AV-680 bei DL3AMI und DH7RG
 
Vorbemerkung

Die hy-gain AV-680 ist, wie schon die Bezeichnung andeutet, eine um das 80-Meter-Band erweiterte AV-640. Wie im Hauptartikel erwähnt, hat der Hersteller die Antennenlänge kaum vergrößert, was einerseits - wegen des vereinfachten Aufbau-Handlings - positiv zu bewerten ist, andererseits eine eingeschränkte Wirksamkeit auf 80 Metern erwarten lässt. Ob das wirklich so ist bzw. ob man die Effizienz der Antenne doch höher einschätzen darf und was sonst noch an Schwierigkeiten sichtbar wird - dazu sind zwei interessante Zuschriften eingegangen, die ich den Lesern das AV-640-Artikels nicht vorenthalten möchte. Dank sei Wolfram, DL3AMI, und Benny, DH7RG, für Ihre instruktiven Text- und Bildbeiträge. Sie ermöglichen sicherlich noch kein endgültiges Urteil über die AV-680, liefern aber schon erste, richtungweisende Anhaltspunkte für eine verlässliche Bewertung.

Hadi Teichmann, DJ2PJ

 

Der Bericht von DL3AMI

Ich hatte  einen kurzen  Erfahrungsbericht zur  AV-680  zugesagt - nun ist er doch etwas umfänglicher geworden....

Örtliche Gegebenheiten

Dass die Effizienz von Antenne, gerade auch von vertikal polarisierten Antennen, von den örtlichen Gegebenheiten und den Aufbaumöglichkeiten abhängt, ist für Funkamateure eine Binsenwahrheit. Bei mir ist das nicht anders.

Der Fußpunkt meiner AV-680 befindet sich in etwa 4,5 m Höhe über Grund (der meiner Vergleichsantenne R7 etwa 13 m und ca. 1,4 m über dem Giebel). Unser Wohnhaus steht ungefähr 5 m von der AV-680 entfernt. Direkt „hinter“ der Antenne, ca. 7 m von der Grundstücksgrenze entfernt, in Richtung Nordosten steht das 6 m hohe Gebäude eines Supermarkts. Auf seinem Dach „stapelt“ sich noch eine Reihe von „Container“=Klimaanlagen.

Die Abstände zwischen den Häusern in unserem Baugebiet betragen 15 bis 50 m. Das Grundstück liegt so ziemlich am tiefsten Punkt von Erfurt. Nach Süden ca. 2 km freies Gelände, dann ca. 200 m ansteigend. Östlich, ca. 600 m entfernt ein um 80 m höherer Rücken. Nördlich in ca. 150 m Entfernung ein langgestrecktes ca. 20 m hohes „Stahlbetongebäude“. Westlich in ca. 200 m Entfernung ein Bahndamm ca. 12 m hoch mit Oberleitungen. Ich schreibe das deshalb so ausführlich, weil sich dadurch ein großer Teil meiner Erfahrungen begründen lassen (Foto © 2017 by DL3AMI).

Vergleich  AV-680 vs. R7 bzw. endgespeistem Langdraht (80 m)

Die AV-680 ist elektrisch 3/8 Wellenlängen lang - die R7 eine endgespeiste Lamda/2–Antenne. Die Elevationswinkel sollten eigentlich ohne störende Einflüsse ähnlich sein. Die R7 ist wahrscheinlich durch die über die Antenne verteilten Induktivitäten kürzer und deutlich schmalbandiger (20-m-Band). Allerdings erklären die Montageverhältnisse plus örtliche Gegebenheiten ganz deutlich die Unterschiede zwischen den beiden Antennen.

Bänder 10 bis 30 m: Die R7 schneidet deutlich besser ab. Der allgemeine Störpegel ist bei der R7 geringfügig leiser, Nutzsignale sind lauter. Das Fading erscheint bei der R7 nicht so ausgeprägt. Bei der AV-680 sind etwas leisere Signale feststellbar, das Fading scheint weniger ausgeprägt zu sein. In vielen Fäller allerdings sind die Antennen dann auch wieder so gleichwertig, dass ich anfangs an meinem Antennenumschalter gezweifelt habe.

40-m-Band: Beide Antennen erscheinen gleichwertig, mit einem subjektiv etwas besseren Eindruck für die AV-680. Die Bandbreite ist bei beiden Antennen fast gleich (7,0 – 7,09 MHz).

80-m-Band: Zum Vergleich stand auf diesem Band nur ein etwa 30 m langer endgespeister Langdraht zur Verfügung, der als Dreieck aufgehängt ist (im Bild schwach zu erkennen). Meine Erfahrungen auf diesem Band stammen aus keinen DX-Nachtschichten, wohl aber aus einem WWDX-Contest. Empfangssignale bei entfernterem DX – also nicht nur Naher Osten oder Kanaren - waren bei der AV-680 nicht lauter als bei meinem Langdraht! Insgesamt fallen DX-Signale recht leise aus. Da ich aber an der AV-680 eine Endstufe nutzen kann, kamen doch ein paar DX-QSOs mit HS, YB und JA zustande. Die Bandbreite der AV-680 fällt mit 3,500 bis 3,550 MHz extrem schmal aus und kann nur mit einem Tuner bewältigt werden. Das ließen die theoretischen Überlegungen zwar erwarten, doch wer schielt nicht irgendwie auf die werbewirksamen Prospektangaben...

Das Ergebnis ist ernüchternd, aber eben den Standortbedingungen geschuldet.

Fazit

Die AV-680 ist also keine "Wunderantenne", aber durchaus ein vernünftiger Kompromiss für fast alle Bänder. Es gilt eigentlich die übliche Aussage: möglichst hoch, möglichst frei... Wunder kann man darüber hinaus nicht erwarten.

Kritik ist insbesondere zu üben an

- der Empfindlichkeit, mit der die Antenne auf Umgebungsbedingungen reagiert. Bei Starkregen oder starker Reifbildung wird die Antenne durch Verschiebung der Resonanzpunkte nach unten fast unbrauchbar. Ursachen könnten sein:

  1. die dünnen Stubs, die bei starkem Wasser- oder Reifansatz ihre antennenwirksamen Werte verändern;

  2. die „unverkleideten“ Verlängerungsspulen, die zulassen, dass sich Wasser zwischen und unter die Windungen setzt, wodurch sich Induktivität und Güte drastisch verändern bzw. verschlechtern. Ein Überzug mit selbstklebendem Schrumpfschlauch als Wetterschutz wäre sinnvoll. (Die Wetterempfindlichkeit ist auch bei der R7 und bei der AV-640 vorhanden, wenn auch bei weitem nicht so ausgeprägt);

- der "Leistungsfestigkeit": CQ-Rufen im Contest ist auf 80 m mit 500 Watt nicht möglich, weil sich nach dem dritten oder vierten CQ-Ruf deutlich die SWR-Verhältnisse verändern. Nur für ein extrem kurzes (599)-CW-QSO kann man die volle Leistung der Endstufe einsetzen. Als Ursachen für diese Instabilität vermute ich die offenbar schon nach kurzer Belastung wirksamen Impedanzänderungen der 80-Meter-Verlängerungsspule, die kaum mehr als eine Art „Schmunzelspule“ ist; zum anderen die ungeeignete Art der Wicklung der Mantelwellensperre in der Anpassbox (siehe dazu: http://www.dg0sa.de und CQ DL 2009). Dass die ohnehin schon nicht sonderlich vertrauenerweckende Verlängerungsspule auch noch von einem Abgriff Gebrauch macht, verschlimmert die Situation. Versuche, möglich wenig Impedanz der Spule in Anspruch zu nehmen, d. h. unter Inanspruchnahme des Abgriffs möglichst viele Windungen zu überbrücken, liefen ins Leere: Die Resonanz geriet dann in die Nähe von 3,85 MHz. Es blieb also nur die gesamte Länge der „Schmunzelspule“ zu verwenden.

- der Resonanz der Antenne auf dem 15-m-Band, die bei ca. 20,6 MHz, d. h. außerhalb des Bandes, zu liegen kommt, was sich durch Längenänderung nicht ausgleichen lässt. Die Ursache für die Fehlresonanz könnte in dem metallischen Abspannstern und den metallischen Karabinerhaken liegen, die eventuell als Dachkapazitäten wirken. Die Antenne ist andererseits so breitbandig, dass die „falsche“ Resonanz auf 15 m nicht allzu störend in Erscheinung tritt. Das SWR bleibt auf allen Frequenzen oberhalb von 1:1,5 (da hat DJ2PJ mit seinen Simulationen wahrscheinlich recht. Der Fußpunktwiderstand der Antenne liegt wohl bei (4:1 transformierten) 30 Ohm und damit für die vorhandene Kabelimpedanz zu niedrig);

- den sehr dünnen Drähten als Verbindung von der Anpassbox zum Fußpunkt und um die Überbrückung der 80-m-Spule herzustellen;

- unzweckmäßige Verbindungen an den Verlängerungsspulen: Durch die Glasfiberstäbe werden längere Schrauben für die Kontaktierungen benutzt, und zwar in folgender Reihenfolge: Glasfiber – Lötöse von Spule – Mutter – Alu-Verbindungsstreifen – Mutter. Sollte der Glasfiber-Teil über die Jahre hinweg seine ursprüngliche Form verlieren, könnte die sichere Kontaktgabe der unteren Lötöse zur Schraube in Gefahr geraten. Ich habe unter die Lötösen jeweils eine weitere Mutter gesetzt, die die Schraube auf dem Glasfiberrohr befestigt und die als Widerlager für die Kontakte dient. Selbst wenn die Schraube im Glasfiberohr sich durch Schrumpfung o. ä. lockert, bleiben die Kontakte weiterhin fest und voll gewährleistet;

- Die seitlichen Stubs sind nicht durch Schraubverbindung (wie bei der AV-640) sondern mit Alu-Bolzen und Schlauchschellen verbunden. Die Abspannseile haben sich bei mir beim Aufrichten der Antenne immer mal wieder in den Schlauchschellen verheddert. Abhilfe: Schrumpfschlauch über diese Verbindungen ziehen;

- Die Antenne insgesamt ist nach meiner Meinung nicht mehr so ohne weiteres von Menschenhand aufzurichten und auf eine Mastspitze zu stellen, selbst wenn diese sich in Fußhöhe auf ebenen Boden befindet. Also habe ich nach Vorschlag von Egmar, DL1AXI, die Antenne zusammen mit dem 4,5 m hohen Rohrmast kippbar gemacht. Das Aufrichten der gesamten Antenne erfolgt ganz bequem und „altersgerecht“ mit einer Seilwinde (für ca. € 27 bei AMAZON). Befürchtungen, die Antenne könnte abknicken, erwiesen sich als grundlos. Die Antenne biegt sich zwar furchterregend durch, bleibt dabei aber ohne Schaden...

Zusammenfassend sei festgestellt:

Wer schon eine AV-640 sein eigen nennt, dem würde ich nicht unbedingt raten, sie durch die deutlich teurere AV-680 zu ersetzen - auch wenn der Zugewinn des 80-m-Bandes recht verlockend ist. Für denjenigen, der überhaupt erst einmal eine Antenne braucht, ist die Anschaffung einer AV-680 allerdings eine Überlegung wert.  

 

Kurzer Nachtrag:

Ich habe das relativ trockene Wetter genutzt, um das SWR der AV-680 auf den von ihr abgedeckten Bändern zu bestimmen.

Stehwellenverhältnisse (SWR) der AV-680 (gemessen mit Hilfe der SWR-Anzeige der Endstufe, 100 Watt Ausgangsleistung, Länge des H2000flex-Kabels: 32 m):

10 m 29,700 MHz 29,500 MHz 29,000 MHz 28,500 MHz 28,000 MHz  
SWR 1: 1,70 1,66 1,50 1,31 1,26  
12 m 24,990 MHz 24,950 MHz 24,890 MHz      
SWR 1: 1,20 1,18 1,17      
15m 21,450 MHz 21,400 MHz 21,300 MHz 21,200 MHz 21,100 MHz 21,000 MHz
SWR 1: 1,68 1,68 1,58 1,52 1,50 1,48
17m 18,170 MHz 18,120 MHz 18,070 MHz      
SWR 1: 1,29 1,25 1,56      
20 m 14,350 MHz 14,300 MHz 14,200 MHz 14,100 MHz 14,000 MHz  
SWR 1: 1,70 1,55 1,35 1,30 1,32  
30 m 10,150 MHz 10,100 MHz        
SWR 1: 1,16 1,00        
40m 7,200 MHz 7,150 MHz 7,100 MHz 7,050 MHz 7,000 MHz  
SWR 1: 7,50 5,50 3,00 1,30 1,50  
80 m 3,590 MHz 3,560 MHz 3,530 MHz 3,500 MHz    
SWR 1: 11,00 3,90 1,16 2,20    

Auf einigen Bändern könnte ich die eigentlich zufriedenstellenden Resonanzen bei der nächsten Wartung im Frühjahr noch einmal optimieren. Da die Endstufe mit einem eingebauten Tuner operiert, der bis zu einem Stehwellenverhältnis von ca. 1:3,2 anpasst, verwende ich bis zu einem Grenz-SWR von 1:2 die volle Leistung von 500 Watt, sonst lediglich 100 Watt.

Ebenso interessant wie merkwürdig erscheint es übrigens, dass selbst auf dem eigentlich nicht abgedeckten 160-m-Band eine Resonanzstelle auftritt. Vielleicht handelt es sich um eine "Kabeltransformation", auf die man nicht so recht "bauen" sollte. Gleichwohl habe ich auf dem Top-Band OH0Z in CW mit 100 W arbeiten können.

73 und gd dx de Wolfram DL3AMI

 

Der Beitrag von DH7RG

Benny, DH7RG, hat die AV-680 mit 4nec2 modelliert und anschließend die Elevationswinkel der Antenne errechnet und grafisch darstellen lassen (alle Darstellungen © 2017 by DH7RG):

 

Die AV-680 im Koordinatensystem. Die prinzipiellen Übereinstimmungen mit der AV-640 sind unverkennbar.

 

73 de Benny, DH7RG

 

 
Published: January 2017
Last revision:  6th February 2017
© 2017 by DJ2PJ, DL3AMI, DH7RG

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