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Die hy-gain AV-640
Praxisbericht von DJ2PJ

Eigentlich...

...wäre mir nie im Traum eingefallen, die auf einem 3 x 3 Meter Stahl-Schiebemast an der Rückwand meiner Garage montierte CUSHCRAFT-Vertikal R7  so mir-nichts-dir-nichts abzubauen. Die R7 hatte in Ergänzung des das Dach dominierenden 3-Elementers MOSLEY CL-33M (für 10, 15 und 20 Meter) seit Juli 1997 mehr als treue Dienste geleistet, und sie tat dies immer noch ebenso unentwegt wie zuverlässig. Die "Behelfsantenne" - so hatte ich die R7 anfangs despektierlich tituliert - hatte dem notorischen Bandpoint-Muffel DJ2PJ immerhin dazu verholfen, den  DXCC-Länderstand auf jedem der WARC-Bänder von null auf z. T. weit über 200 zu schrauben und den in den fünfziger Jahren auf 40 Metern erreichten 98 Entities gute 130 hinzuzugesellen (dabei sollten es doch nur die zwei fürs DXCC auf 40 noch fehlenden sein...). Auf kleinen Grundstücken, auch wenn man sie sein Eigen nennen darf, bleiben - gerade dann, wenn gartenästhetische Ansprüche laute Mitsprache führen, d. h. Antennentürme, Gegengewichte über und unter der Erde, lange Abspannseile und ähnliche negative Augenweiden sich so gut wie ausschließen - wenig Alternativen für Besseres. Warum denn auch nach Höherem (sic!) streben, wenn das Gute doch - eigentlich - so nah ist?!

"Eigentlich"! Irgendwann erzählte mir Eberhard, DL1FCU, von einer TITANEX VD8010, einem über eine offene Speiseleitung ("Hühnerleiter") gespeisten, sich selbst tragenden vertikalen Dipol von 2 x 6 m Länge, den er gerade montiert hatte, und von den erstaunlichen Arbeitsergebnissen, die er damit, speziell auf 40 und 30 Metern, erzielte. Ob ich ihm diese Antenne nicht mal mit EZNEC "modellieren" könne. Konnte ich - und was EZNEC dann für diese Antenne auf den einzelnen Bändern insbesondere an ansehnlichen Elevationswinkeln auf den Bildschirm malte, begann mich zu beschäftigen. Viele Wochen lang. Was würde z. B. passieren, wenn man die Dipolhälften noch etwas verlängerte und obendrein für alle Bänder eine auch für symmetrische Antennen-Tuner gut anpassbare Länge der Hühnerleiter fände (nicht alle Längen waren so ohne weiteres verdaulich...)? Ich errechnete einen günstigen Kompromiss bei 2 x 7,5 Metern Länge und Einspeisung mit ca. 13 Metern 400-Ohm-Wireman-Flachkabel, durch das ich die etwas arg zur Seite ziehende Hühnerleiter ersetzte. EZNEC attestierte dieser Anordnung sozusagen Flachstrahlung-pur auf allen Bändern, und einiges Positive mehr! Des DXers Herz jubelte erwartungsfroh.

15 Meter Aluminium senkrecht in die Luft zu stellen, fand ich einigermaßen riskant, aber einen 15 Meter langen Dipol aus isolierter Litze mit Hilfe von robustem, witterungsbeständigem Industrieklebeband (TESA Gewebeband 4651; Dank an die (Firma INDUPLAST, Bocholt) suksessive auf einen 18 Meter langen Von-der-Ley-Glasfiber-Schiebemast zu kleben, so dass das untere Dipolende 3 Meter über dem Erdboden endete, durchaus machbar. Das Kind bekam - ein bisschen der Lazy H-Nostalgie geschuldet - auch gleich einen (plattdeutschen) Namen: Fule Fofftein (für Hochdeutsche: "Faule Fuffzehn"), englisch: Lazy15. Dank der Assistenz von DL1FCU und meines treuen Nachbarn Peter Machura wurde die Antenne in Hochlage gebracht ("stolzer Anblick!"); dafür hatte die wackere R7 (s. o.) weichen müssen, mit DL5FF aber rasch einen neuen (und begeisterten) Liebhaber gefunden. Die sich mit der Faulen Fuffzehn rasch einstellenden DX-Erfolge, speziell auf 40 und 30 Metern, rückten meine kühnsten Erwartungen (und etliche EZNEC-Erkenntnisse) in den Schatten. Endlich hatte ich auf diesen Bändern sowas wie ein "durchschlagendes Signal", und auch auf den höheren Frequenzen machte die Antenne sich nicht schlecht, soweit man das wegen der miserablen Bedingungen (Sonnenflecken-Minimum!) endgültig beurteilen konnte. Aber angesichts einer Sonne ohne Schönheit verleihende Flecken (siehe die Abbildung am Schluss des Beitrags) konnte es - eigentlich! - jedenfalls auf den höheren Frequenzen nur noch besser werden!

Das recht zarte DX-Glück währte bis zu den ersten Herbstwinden - ja, nicht einmal -stürmen - des Jahres 2007. Der GF-Mast erwies sich - "dank" der aus Garten-Rücksichten eher "zurückhaltenden" Abspannung -  als alles andere als stabil; die sich ab etwa Windstärke 6 immer wieder ballettös verbeugende oder atemberaubend konvulsivische Antenne wurde vom DX-Joystick immer mehr zum Alptraum. Irgendwann im späten November - ich hatte gerade eine recht gut funktionierende Einspeismethode auch für 80 Meter gefunden - war es höchste Zeit, das Handtuch zu werfen: Nur eine perfekte Abspannung hätte das Problem lösen können; sie war ohne Verschandelung des Gartens nicht realisierbar. Also: Runter mit dem Ding! Jetzt jubelte wenigstens die XYL.

Die Lazy15 als Häufchen Elend in der Garage, die R7 auf fremdem Dach - eine traurige Bescherung! Die Suche nach einigermaßen vollwertigem Ersatz begann.

Wer die Wahl hat... ?

Nein, nicht wirklich! Quälend war nur, dass für die räumliche Situation bei DJ2PJ einschließlich gehobener Ansprüche an Gartengestaltung nur ganz wenige Antennen Aufmerksamkeit einforderten. Keine Horizontalantennen zum Beispiel, keine Groundplanes (mit ihrem Wald aus Radials, immerhin zwei pro Band!) und anderes sperriges oder platzgreifendes Zeugs. Die R7 - aus der Gruppe jener Vertikalantennen, die ohne ins Auge fallende Erd- bzw. Radialsysteme auskommen - hatte auch bei CUSHCRAFT modellmäßig ausgedient. Die Nachfolger der R-Serie hatten lautstarke Kritik auf sich gezogen, wegen mangelhafter Traps, Kontaktproblemen, Regenwasser am falschen Ort usf. (vgl. eHam-Net); umgekehrt proportional zur beanstandeten Qualität gerierten sich die Anschaffungskosten.

Guter Rat war teuer. Irgendwann beim Googeln taumelte mir dann die AV-640 von hy-gain auf den Bildschirm, auf den ersten Blick der R7 sehr ähnlich und vom Prinzip her ziemlich gleich. Das Handbuch war im Internet schnell besorgt, und die zahlreichen Erfahrungsberichte von Funkamateuren bei eHam-Net lasen sich überwiegend positiv. Der Preis (in DL heute, 2016, um die €500  einschließlich Fracht) war zumindest 2008 akzeptabel. Gründe genug, eine Beziehung anzustreben.

Die hy-gain AV-640 - so sieht sie aus

Die AV-640 besteht aus einem stark asymmetrischen Dipol, dessen senkrechte, fast 8 Meter lange Komponente sich aus einem mehrteiligen, jeweils mit Schlauchklemmen fixierten Aluminiumrohr nebst Elementen zur automatischen Bandumschaltung (Stubs, Spulen und durch Speichen gebildete Dachkapazitäten [darüber unten mehr]) zusammensetzt. hy-gain nennt diesen Teil der Antenne radiator (Strahler).

Die untere Komponente bilden sieben radial angeordnete, ca. 1,8 Meter lange Stahlruten, die im rechten Winkel zum Vertikalstrahler abgeführt werden, sich durch ihr Eigengewicht bei relativ geringem Durchmesser aber im Bogen herabsenken (stärker als bei der R7, die ebensolche Stahlruten bemüht). hy-gain spricht von diesem Teil (vielleicht etwas missverständlich?) als vom counterpoise (Gegengewicht).

radiator und counterpoise sind durch einen Isolator aus Glasfiber-Material mechanisch verbunden, aber elektrisch getrennt. Die Antenne wird zwischen den beiden Dipol"hälften" über einen 4:1-Spannungsbalun mit Coaxialkabel niederohmig (also über RG-213, RG-58 o. ä.) eingespeist. Ein zusätzlicher 1:1-Strombalun soll Mantelwellen das Genick brechen. Der radiator liegt, um statische Aufladungen abzuleiten, über eine Drossel galvanisch auf Massepotential. Die Baluns sind in einem stabilen Kunststoffkasten wetterfest untergebracht; für den Anschluss des Speisekabels ist eine SO-232-Buchse herausgeführt.

Die AV-640 wird direkt unterhalb des Anschlusskastens mit Schellen an einem Standrohr (1,25 bis 2,5 Zoll Außendurchmesser) befestigt.

Die AV-640 deckt, als vertikaler Rundstrahler, alle sieben Amateurfunk-Kurzwellen-Bänder zwischen 40 und 10 Metern und zusätzlich das 6-Meter-Band ab (da das Senden mit vertikaler Polarisation auf 50 MHz in der Bundesrepublik nicht gestattet ist, entfällt die AV-640 in DL zumindest für den Sendebetrieb auf 6 Metern).

Übrigens hat die AV-640 noch eine kleine, ganz ähnlich konzipierte Schwester: die AV-620. Sie bedient die Amateurfunkbänder von 14 MHz aufwärts und fällt mit knapp 7 Metern Länge und ein Stückchen kürzeren counterpoise-Stahlruten nicht ganz so raumgreifend aus. Ein Foto der Antenne und die bei DL1FCU gemessenen SWRs finden Sie hier. Und noch eine Neuigkeit im Februar 2013: hy-gain hat nun auch eine AV-680 auf den  Markt gebracht, die, wie die Typenbezeichnung ahnen lässt, zusätzlich das 80-Meter-Band anbietet, ohne viel an Baulänge, Gewicht, Windlast usw. geändert zu haben. Wolfram, DL3AMI, und Benny, DH7RG, haben mir dazu  interessante Berichte aus eigener Küche zugesandt, die ich nicht vorenthalten möchte. Das Handbuch kann man sich übrigens auf der hy-gain-Webseite ansehen bzw. herunterladen. 

hy-gain lässt bei all seinen AV(Patriot)-Antennen HF-Leistungen von 1500 Watt im CW-, 1500 Watt PEP im SSB- und 500 Watt im RTTY (bzw. Oberstrich)-Betrieb zu. Für deutsche (Lizenz-)Verhältnisse also absolut ausreichende Dimensionen. Allerdings schrieb mir recht bald nach Erscheinen des vorliegenden Beitrags Art, KØRO, dass sich bei seinen CW-QSOs auf dem 40-Meter-Band mit Leistungen von mehr als 1,1 kW schon nach wenigen Minuten das SWR auf Wanderschaft begab. Er stellte fest, dass der 1:1-Balun bei solchen Belastungen unanständig heiß geworden war. Gleichmäßigeres Verteilen der Draht-Windungen über den Toroid (siehe Bild unten) verbesserte diesen Zustand zwar, beseitigte ihn jedoch nicht: Das SWR begann nun jedoch erst nach ca. zwanzig Minuten CW-Klönschnack zu wandern. Eine gewisse Vorsicht mit der verabreichten Ausgangsleistung, insbesondere bei schlecht abgeglichener Antenne oder - Obacht! - bei Versuchen, die Antenne z. B. auch auf 80 Metern "anzupassen", scheint also angebracht; offensichtlich besteht große Gefahr, den Balun "in die Sättigung zu fahren" und ihm dadurch einen irreversiblen, meist nicht einmal optisch sichtbaren Exitus zu bescheren.

hy-gain lässt bei all seinen AV(Patriot)-Antennen HF-Leistungen von 1500 Watt im CW-, 1500 Watt PEP im SSB- und 500 Watt im RTTY (bzw. Oberstrich)-Betrieb zu. Für deutsche (Lizenz-)Verhältnisse also absolut ausreichende Dimensionen. Allerdings schrieb mir recht bald nach Erscheinen des vorliegenden Beitrags Art, KØRO, dass sich bei seinen CW-QSOs auf dem 40-Meter-Band mit Leistungen von mehr als 1,1 kW schon nach wenigen Minuten das SWR auf Wanderschaft begab. Er stellte fest, dass der 1:1-Balun bei solchen Belastungen unanständig heiß geworden war. Gleichmäßigeres Verteilen der Draht-Windungen über den Toroid (siehe Bild unten) verbesserte diesen Zustand zwar, beseitigte ihn jedoch nicht: Das SWR begann nun jedoch erst nach ca. zwanzig Minuten CW-Klönschnack zu wandern. Eine gewisse Vorsicht mit der verabreichten Ausgangsleistung, insbesondere bei schlecht abgeglichener Antenne oder - Obacht! - bei Versuchen, die Antenne z. B. auch auf 80 Metern "anzupassen", scheint also angebracht; offensichtlich besteht große Gefahr, den Balun "in die Sättigung zu fahren" und ihm dadurch einen irreversiblen, meist nicht einmal optisch sichtbaren Exitus zu bescheren.

                                           

Die Bilder oben zeigen den geöffneten Anschlusskasten der AV-640. Links: Blick auf das Innenleben mit 4:1-Spannungsbalun, 1:1-Strombalun und die Drossel zur galvanischen Erdung oben links im Bild. Mitte: 1:1-Strombalun vor der von KØRO vorgenommenen Änderung. Rechts: 1:1-Strombalun nach der Änderung (etwas gleichmäßigere Verteilung der Windungen auf dem Toroid). Foto: KØRO

Der Hersteller reklamiert für seine AV-640 eine "Sturmfestigkeit" (wind survival) von 80 mph, d. h. ca. 130 km/h Windgeschwindigkeit. Das sollte man tunlichst nicht glauben. Die Antenne muss, um Schäden, insbesondere am Antennenfuß und am Glasfaser-Isolator, von vornherein auszuschließen, in 4,00 bis 4,50 Metern Höhe über dem Fußpunkt mit  z. B. 3 mm Kevlar-Abspannseil (um Himmelswillen nicht, wie mir neulich jemand berichtete, mit stahlseilverstärkter Wäscheleine) abgespannt werden. Dass metallische Abspannungen alle gutgemeinten Resonanzpunkte der Antenne ins Nirwana befördern, sollten Funkamateure sich eigentlich denken können...

Die hy-gain AV-640 - so funktioniert sie

Der radiator hat nach Herstellerangaben für jedes Band eine elektrische Länge von drei Achteln Wellenlänge (CUSHCRAFT mit seinen ganz ähnlichen Konzeptionen der R-Serie reklamiert sogar eine halbe Wellenlänge: "Darf's ein Achtel mehr sein?").

Resonanz auf den einzelnen Bändern wird durch die folgenden vier Methoden hergestellt:

    

Methode A (50, 28, 25 und 18 MHz): durch einen Viertelwellen-Stub pro Band, der, ab elektrisch etwa einer Achtel Wellenlänge vom Fußpunkt aus, dem senkrechten Aluminiumrohr parallel läuft und durch Abstandsisolatoren in Position gehalten wird. Im Resonanzfall weist ein Lambda-Viertel-Glied an seinem offenen Ende eine sehr hohe Impedanz auf, so dass die Antenne sich an dieser Stelle elektrisch abkoppelt. Der Resonanzpunkt lässt sich durch Verkürzen bzw. Verlängern des Stubs ebenso präzise wie auf einfache Weise einstellen. Die mechanische Ausführung von Methode A ist in der Abbildung unten rechts zu erkennen.

Methode B (21 MHz): durch Benutzung des gesamten radiators bis zur 14-MHz-Ladespule. Diese, für 21 MHz sehr hochohmig, trennt den 15-Meter-Strahler elektrisch vom oberen Teil der Antenne ab. Zwei unterhalb der Spule und senkrecht zum Strahler angebrachte spokes (Speichen) sorgen als "Kapazitätshut" für Resonanz und lassen durch Verlängern/Verkürzen einer der Speichen den Abgleich für das 15-Meter-Band zu.

Methode C (14 und 10 MHz): durch Benutzung des gesamten radiators plus - pro Band - einer Kombination aus Lade(Verlängerungs)spule und jeweils vier Speichen bestehendem Kapazitätshut. Die Kombinationen liegen für jedes Band in einer eigenen Verzweigung, sind also nicht in Serie geschaltet und lassen einen andere Bänder nicht (oder äußerst gering) beeinflussenden Abgleich pro Band zu. Dabei wird eine der vier Speichen verkürzt oder verlängert.

Methode D (7 MHz): wie bei Methode C durch Verwendung des gesamten radiators einschließlich einer Kombination aus Ladespule und Kapazitätshut (vier Speichen), und einem Rohrstück oberhalb der Dachkapazität. Im Gegensatz zu Methode C wird der Abgleich des 40-Meter-Bandes durch Verlängern/Verkürzen dieses Rohrstücks an der Spitze der Antenne und nicht an den spokes vorgenommen.

Bei allen Dachkapazitäten verwendenden Methoden wird nicht nur die nötige Resonanz hergestellt, sondern gleichzeitig die Bandbreite der Antenne auf den einzelnen Bändern vergrößert (siehe Messergebnisse!).

Im Gegensatz zur R7 und ihren CUSHCRAFT-Nachfolge-Modellen kommen bei der AV-640 nirgendwo Traps, also aus Spulen und "leibhaftigen" Kondensatoren bestehende Sperrkreise, zum Einsatz.

Die mechanische Ausführung der Methode A ist aus untenstehender Abbildung links erkennbar, die der Methoden B, C und D aus der rechten Abbildung (Kopfteil der Antenne): 

                                                  

Die hy-gain AV-640 - Zusammenbau und Qualität des Materials

Das englischsprachige bebilderte AV-640-Handbuch bietet, im wahrsten Sinne des Wortes viel-seitig, (leider zuweilen auch den Leser) erschöpfende Montagehinweise mit Checklist-Charakter, wie und in welcher Reihenfolge die Antenne zusammenzubauen ist. Meine Aversion gegen kochrezeptartige Beschreibungen und informierende Belagerung ließ mich einen etwas mehr Kreativität bemühenden Weg wählen: Ich versuchte die Antenne anhand der ausgebreiteten Einzelteile und ihrer Montagemöglichkeiten intensiv zu begreifen und rekurrierte auf das Handbuch im wesentlichen nur, wenn es um Maße, spezielle Hinweise oder eben um die wirklich sehr instruktiven Abbildungen ging. Über die Reihenfolge des Zusammenbaus entschied ich selber. Aber sowas ist Sache der persönlichen Einstellung und damit Geschmackssache!

Da die AV-640 aus vergleichsweise vielen Einzelteilen besteht (aus weit mehr Einzelteilen als vergleichbare Antennen), ist für die Montage, ihre Kontrolle und ihre "Nachsorge" (z. B. Muttern nachziehen; auch bei den vormontierten Teilen!) schon etwas mehr als ein Tag zu reservieren. Mindestens zwei Sägeböcke - im Notfall zwei Stühle - sollten, nicht nur aus orthopädischer Rücksichtnahme, zur Auflage der doch immerhin 8 Metern zustrebenden und horizontal recht fragilen Antenne bereit stehen.

Der Zusammenbau der AV-640  wäre bei DJ2PJ wohl im wesentlichen völlig unkompliziert verlaufen, wenn nicht einige Teile, z. B. die vollständige Masthalterung, gefehlt hätten und von der Firma Dathe bei hy-gain nachbestellt werden mussten. Wahrscheinlich eine Zufallserscheinung; denn die ein paar Wochen später von Peter, DC2SC, bei derselben Firma bezogene AV-640 erfreute sich makelloser Vollständigkeit.

In den eHam-Reviews wird immer wieder die Stabilität der Mastbefestigung und des Glasfiber-Isolators bemängelt. Beide Mängel kann ich bestätigen. Die Masthalterung wirkt etwas schwach auf der Brust und handwerklich nicht besonders professionell ausgeführt. An der Qualität des Glasfiber-Materials ist prinzipiell zwar nichts auszusetzen, aber der etwas weiche Isolator neigt zum Verbiegen. Spätestens, wenn die Antenne aufgerichtet werden muss, ist höchste Vorsicht geboten. Unabgespannt ist die AV-640 wohl nicht mal zu Portabelzwecken denkbar!

Ein weiteres Problem: Muttern mit Nylon-Inlay sind zwar recht pfiffig, wenn es um "nachhaltige" Verschraubung geht, werden aber zur Qual (und zum Auslöser von Materialbrüchen), wenn eine solche Mutter noch einmal abgedreht werden muss. Wie bei DJ2PJ.

Die ebenfalls vorgebrachte Nörgelei über die angeblich nicht bruchsicheren bzw. zu mickrigen Abstandsisolatoren für die Stubs kann ich hingegen nicht nachvollziehen.

Ganz ersetzen sollte man das kurze Litzenkabel, das den Anschlusskasten mit dem radiator verbindet. Die Kabelschuhe waren, zumindest bei meiner Antenne, so rabiat aufgequetscht, dass das Kabel beim puren Anfassen an der von hy-gain produzierten "Sollbruchstelle" abbrach. Wer dieses Teil ersetzt, sollte dem Kabel gleich einen größeren Querschnitt verordnen und vielleicht auf Kabelschuhe samt Quetschung oder Lötung verzichten.

Die geschilderten Qualitätsmängel, zuweilen auch nur kleinen konstruktiven Schlampigkeiten, setzen sich weder bei den (z. T. doppelwandigen!) Aluminiumrohren, ineinander zu verschraubenden Gewindestangen für die Stubs und schon gar nicht bei den überaus soliden Ladespulen fort. Auch der Anschlusskasten samt Inhalt macht einen "belastbaren" Eindruck.

Nachträglich hat sich sowohl bei mir wie auch bei DC2SC gezeigt, dass zumindest die längeren spokes (für 30 und 40 Meter), aus denen die Kapazitätshüte bestehen, etwas stärker dimensioniert sein sollten, weil zum Turteln Tauben gern zu zweit auf ihnen Platz nehmen. Der bei manchen Exemplaren hin und wieder heftiger werdende Minnedienst führt, bei gleichzeitig hervorragendem Ernährungszustand dieser neckischen Mitgeschöpfe, dann schon mal dazu, dass sich eine Stange verbiegt... Wenn auch ohne merklichen Einfluss auf die Antennen-Effizienz.

Ohne merklichen Einfluss auf die Antennen-Effizienz? Pustekuchen! Am späten Abend des 4. November 2011 stellte ich angesichts hervorragender DX-Bedingungen erschrocken fest, dass das SWR auf 7 MHz zum Unendlichen hin tendierte; das Gleiche auch auf 10 MHz und, nicht ganz so markant, auf 14 MHz. Die Signale auf 7 und 10 MHz wirkten auch hörmäßig wie unter einer Tarnkappe. Auf allen anderen Bändern hingegen gute SWRs ohne Auffälligkeiten. Die anschließende Messung mit einem Antennen-Analyzer zeigte, dass auf 7 und 10 MHz, auch in der Nähe dieser Bänder, weit und breit kein Resonanzpunkt mehr zu orten war; auf 14 MHz präsentierte sich der Resonanzpunkt gute 200 kHz vor dem Bandanfang. Demnach waren also ausschließlich  diejenigen Bänder betroffen, die von den Ladespulen Gebrauch machten. Ergo musste, obwohl die Verhältnisse auf 14 MHz eigentlich etwas dagegen sprachen, die Verbindung zum oberen Teil der Antenne  unterbrochen sein.

Nach einer höchst grüblerischen, mit Korrosions- und Lockere-Schrauben-Phantasien garnierten Nacht, bot sich bei Tageslicht dann folgendes Bild:

                                                          

Einer der 7-MHz-spokes hatte sich, begünstigt durch die an den Stangenenden befindlichen halboffenen Ösen, mit dem genau darunter positionierten 10-MHz-spoke verheddert. Irgendein Titan der Lüfte hatte also wieder – durch pures Sitzen - zugeschlagen. Nach Herablassen der Antenne gelang es mit Hilfe des ausgedienten Elementes einer DJ2UT-Antenne, die innig verschlungenen spokes zu entflechten. Danach waren die SWR-Welt und die des Operateurs wieder im Lot.

Mit welchen Ratschlägen der Antennenhersteller anlässlich der Kritik von Peter, DC2SC, an den etwas fragilen  Aluminiumstäben den Servicegedanken zu pflegen weiß, soll nicht vorenthalten werden:

Von: tstone [mailto:tstone@mfjenterprises.com]
Gesendet: Sonntag, 29. November 2009 20:50
An: info@ibk-sys.de
Betreff: AV-640

 

I do not have a recommendation for the bent spoke other than to replace it.  Even if you use a steel welding spoke, a large enough bird will still bend it.  I  have not seen this problem in the ten years I have been with hy-gain. 

You might consider mounting an owl nearby.  The bobbing head will scare many birds away.

Tom
hy-gain


Dass Vögel, nicht nur in der Neuen Welt, manchmal über die mechanischen Mängel ihrer Sitzstangen heftig ins Grübeln geraten und dabei den Kopf schütteln, hatten wir geahnt. Nicht aber, dass dafür gerade Eulen besonders prädestiniert sind, und ebensowenig, dass das Kopfschütteln dieser noctophilen Gesellen anderen Spezies der gefiederten Welt den begehrten Sitzplatz zu verleiden geeignet ist. Ein Fall also auch für die Jünger von Uexkülls und Lorenz'. Vielleicht bietet hy-gain demnächst zu geringem (?) Aufpreis für all seine Antennen ethologisch korrekte, kopfschüttelnde Montage-Eulen an...

Die hy-gain AV-640 - aus der EZNEC-Perspektive

Nach präziser Aufnahme aller Antennenmaße und Platzierungen von Spulen und Kapazitätshüten, Einspeisung etc. war es möglich, die AV-640 unter EZNEC-Bedingungen zu modellieren. "Modellieren" heißt in der EZNEC-Sprache nichts anderes, als eine Antenne innerhalb eines dreidimensionalen Koordinatensystems (x, y, z) mit allen ihren frequenzbestimmenden Komponenten präzise zu lokalisieren und damit die Gesamtantenne mathematisch-geometrisch zu definieren. EZNEC dankt diese meist recht mühselige und viel Konzentration und unbedingte Akkuratesse einfordernde Arbeit fortan mit blitzschnellen Berechnungen aller gewünschten Antennen-Eigenschaften, als da sind SWR-Verläufe, Anpassungswiderstände, horizontale und vertikale Abstrahldiagramme, Gewinne und vieles mehr. Selbst Nahfeldberechnungen (für die beliebte BEMFV-Erklärung, die uns die Bundesnetzagentur abfordert) sind mit EZNEC möglich.

Wünschenswert für eine gute DX-Antenne sind bekanntlich möglichst hohe Gewinne (hier in dBi = Dezibel über isotropem Strahler. Will man in dBd = Gewinn über Dipol rechnen, muss man gleich wieder 2,15 dB abziehen...) bei möglichst flacher Abstrahlung, d. h. möglichst kleinen Elevations(Erhebungs)winkeln. Für die AV-640 ergaben sich für die einzelnen Bänder die folgenden Elevationswinkel mit den zugehörigen Gewinnen über isotropem Strahler (dBi):    

Abstrahlwinkel der hy-gain AV-640

Montagehöhe: 4,50 Meter über Grund

Abstrahlwinkel um die 20 Grad und darunter sind eine gute Voraussetzung, in weiter Entfernung (DX) brauchbare Signale zu platzieren. Wie die Abbildungen für die einzelnen Bänder zeigen, erfüllt die AV-640 diese Bedingung mehr als befriedigend. Ab dem 14-MHz-Band beginnt allerdings, wenn auch dort noch sehr moderat, die Nebenzipfelbildung, die, auf 25 und 28 MHz schon sehr ausgeprägt, wegen der in Steilstrahlung "verschwendeten" Energie nicht unbedingt erwünscht ist. Die Ausgeprägtheit der Nebenzipfel lässt sich allerdings durch die Montagehöhe der Antenne etwas "zurückdrängen". 4,50 Meter über dem Erdboden wies EZNEC als ganz ordentlichen Kompromiss aus. Wen Nebenzipfel generell nicht stören (z. B. weil er auch im Nahfeld ein bombiges Signal präsentieren möchte), der sollte seine Antenne so hoch wie möglich installieren.

Wirklich ins Gewicht fallende Gewinne lassen sich durch rundstrahlende Vertikalantennen kaum erzielen, so auch bei  der  AV-640 nicht.  Die  leichten Negativ"gewinne" der AV-640 auf 40 und 30 Metern  (-0,5 bzw. -0,2 dBi bei 22° bzw. 20° Elevation) lassen sich mehr als verschmerzen; sie drücken sich nicht annähernd in einem Lautstärkeverlust bei der Gegenstation aus.

Zum Vergleich die Elevationswinkel mit der flachsten Abstrahlung für die R7  einschließlich der dabei erreichten "Gewinne":

  7 MHz 10 MHz 14 MHz 18 MHz 21 MHz 25 MHz 28 MHz
Elevation (°) 18 16 14 14 14 13 10
Gewinn (dBi) -2,9 -4,1 -1,7 -0,8 -0,3 -0,9 +2,9

Die hy-gain AV-640 - Mastmontage und Antennenumgebung

Die R7, aber auch die bei meinen Einmann-DXpeditionen verwendete R8000, hatte ich immer ohne Mithilfe weiterer Personen auf ein Standrohr setzen können. Bei DJ2PJ zu Hause lugt der völlig eingeschobene Stahlschiebemast etwas mehr als 60 Zentimeter über das 2,50 Meter hohe Garagenflachdach und lässt sich auch nicht weiter absenken. Selbst zwei Personen hatten - wenn auch bei etwas böigem Wind -  einige Mühe, die AV-640 auf die Spitze des Schiebemasts zu setzen, was hauptsächlich der Kopflastigkeit der Antenne geschuldet ist. Wenn zwei Personen das bei einigermaßen freundlichen Windverhältnissen auf einem Flachdach gerade so eben schaffen, stellt sich natürlich die etwas bange Frage, wie eine Montage auf schrägem Dach zu bewältigen ist. Prophylaktischer Rat: Man sollte nicht nur nach einem extrem windstillen Tag, sondern auch nach mehr als nur einem freundlichen Mithelfer Ausschau halten, zumal die Antenne zum Abgleich der Resonanzen wohl mindestens einmal wieder demontiert und remontiert werden muss.

Naja, an dieser Stelle muss ich meine Mahnung von soeben doch etwas relativieren. Ein ebenso alter Knabe wie ich - Heinz, DJ4IC - hat es immerhin geschafft, eine "sichselbstabspannende" AV-640 auf einem Mast in schwindelnden zehn Metern zur Hochstrecke zu bringen, wenn auch mit Hilfe der fahrbaren Leiter vom örtlichen Elektromeister. DJ4ICs Bilderserie gibt erschöpfenden Aufschluss über ein recht verwegenes, aber gerade deswegen wohl um so imponierenderes Unternehmen.

Es ist eine Binsenweisheit, dass der Standort einer Antenne sich nach den örtlichen Gegebenheiten richtet. Zuweilen vergessen wird aber, dass er tunlichst auch die "Gewährleistung des Schutzes von Personen in den durch den Betrieb von ortsfesten Funkanlagen entstehenden elektromagnetischen Feldern" (sprich: die BEMFV!) im Auge behalten muss. Es ist gerade bei Positionierung in der Nähe von Grundstücksgrenzen zunächst ratsam, durch Berechnung (z. B. mit WATT), evtl. sogar durch Nahfeldberechnungen (z. B. mit EZNEC) oder Messungen, abzuklären, welche Feldstärken an den Grundstücksgrenzen in bis zu drei Metern Höhe auftreten können und wie sie sich zu den gesetzlichen Grenzwerten verhalten. Dies vermeidet die spätere Selbstauflage von Leistungsbeschränkungen bzw. den erhobenen Zeigefinger der Bundesnetzagentur.

Nach meiner Erfahrung haben weitgehend nichtmetallische Hindernisse (Mauern, Hauswände...), aber selbst "Halbleiter", wie Bäume und Sträucher, wenn sie sich in ein paar Metern Abstand von der Antenne befinden, diese aber nicht berühren, weit weniger Einfluss auf die Effizienz einer Antenne, als normalhin angenommen und oft im Brustton der Überzeugung behauptet wird. Jedenfalls auf Kurzwelle.

Die AV-640 bei DJ2PJ hat ihren Platz nicht nur in einem dicht besiedelten Wohngebiet, dessen Häuser zumindest den Fußpunkt der Antenne allesamt weit überragen, sondern ist auch in unmittelbarer Nähe zweier ca. 15 Meter hoher Bäume montiert (wer freut sich nicht über "alten Baumbestand"!). Weder mit der R7 am selben Ort noch mit der AV-640, erst recht nicht mit der Lazy15, waren jemals Abschattungen in irgendeiner Himmelsrichtung feststellbar. Allerdings haben hohe Bäume, vor allem wenn sie nass werden, die Tendenz, Antennen zu einer niedrigeren Resonanzfrequenz hin zu verstimmen (mit der Folge z. T. drastischer Veränderungen der Stehwellenverhältnisse bei Regen, Nebel, Schnee usw.; ich nenne das "Regen-SWR").

Vor metallischen Leitern in der Nähe von Antennen, z. B. Metallzäunen, Metallarmierungen etc., sollte man sich ohnehin immer hüten. Sie führen am Ende auch bei den Antennenbetreibern zu erheblichen Verstimmungen...

Zu Verstimmungen - in diesem Fall des 17-Meter-Stubs der AV-640 - führt auch, wenn das metallische Abspanndreieck in etwa 4,50 Metern Höhe sich lockert oder vielleicht nie ausreichend festgeschraubt war und sich gegen die äußere Alu-Stange des Stubs dreht. Verursacher war am 28. Februar 2010 das Orkan-Tief Xynthia, das auch bei DJ2PJ mit Spitzenböen von mehr als 100km/h die AV-640 recht unnachsichtig testete, ohne, außer dem verdrehten Abspanndreieck, irgendwelche Schäden an der Antenne hervorzurufen. Es lohnt sich, das Abspanndreieck gegen Verdrehen, aber auch gegen Abrutschen auf dem glatten Aluminium des Strahlers, mit ein oder zwei Blechschrauben zu sichern. Bei DJ2PJ's Antenne geschehen im August 2010. Die Verstimmung war spontan behoben, das SWR auf 17 Metern danach besser als je zuvor, da keines der drei „Flügel“ des Abspanndreiecks dem Stub irgendwo zu sehr auf den Pelz rückte. Eigentlich nicht sonderlich erstaunlich, wie empfindlich die Resonanz des Stubs auf metallische Teile in der Nähe seines hochohmigen Bereiches reagiert!

Die hy-gain AV-640 - Messergebnisse

Nach der Mastmontage wurden zunächst die Resonanzfrequenzen (ResFreq) der AV-640 in unabgeglichenem Zustand ermittelt. Auf der Basis dieser Messwerte und der Abgleichhinweise im Handbuch der AV-640 wurde die Antenne dann, soweit für erforderlich erachtet, nachgeglichen und anschließend auf die von EZNEC empfohlene Betriebshöhe von 4,50 Metern gebracht. An diesen Vorgang schloss sich eine erneute Messung an, die nicht nur die neuen Resonanzfrequenzen, sondern auch die Bandbreite der Antenne bei einem tolerierten Stehwellenverhältnis von 1:2,0 bzw. 1:1,5 ermittelte. Die gemessenen Werte sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst (alle Messwerte in kHz):

DJ2PJ gewünschte ResFreq (kHz) ResFreq (kHz) vor  Abgleich in h= 3,00 m  ResFreq (kHz) nach  evtl. Abgleich in   h = 4,50 m  Bandbreite (kHz)    bis SWR     1:2,0 Bandbreite (kHz) bis SWR  1:1,5 Bemerkungen
  7 MHz   7025   7168   7045   105    63 Abgleich vorgenommen
10 MHz 10110 10210 10142   155    90 Abgleich vorgenommen
14 MHz 14050 14028 14020   445   255 kein Abgleich erfolgt
18 MHz 18080 18060 18045   280   135 Abgleich später vorgenommen; siehe Text
21 MHz 21050 20900 20785 2215 1185 kein Abgleich vorgenommen
25 MHz 24900 24850 24903   910   475 kein Abgleich vorgenommen
28 MHz 28080 28045 28060   960   495 kein Abgleich vorgenommen
50 MHz - 50504 - - - nicht weiterverfolgt

Alle Messungen wurden mit einem MFJ HF/VHF SWR Analyzer MFJ-259 über ein ca. 4 Meter langes RG-213-Messkabel unterhalb der Antenne vorgenommen. Vergleichsmessungen an der Station (Kabellänge 24 Meter RG-213) ergaben keine oder nicht nennenswerte Abweichungen.

Die gewünschten ResFreq wurden mit Blick auf die Betriebspräferenzen bei DJ2PJ (bevorzugte Betriebsarten: CW, RTTY, Digimodes) festgelegt.

Die AV-640 war in den für CW vorgesehenen Bemaßungen zusammengebaut worden. Um so mehr erstaunten die im unabgeglichenen Zustand sich auf 7, 10, 21 und 25 MHz ergebenden Resonanzfrequenzen, die - wie die obige Tabelle zeigt - z. T. recht weit jenseits der Bandgrenzen lagen. Angesichts der recht hohen Bandbreiten mit guten SWRs auch innerhalb der Bandgrenzen wurde die Antenne aber nur auf 7 und 10 MHz nachgeglichen.

Das Handbuch der AV-640 bietet eine, wie sich herausstellte, erstaunlich treffsichere Tabelle mit Angaben darüber, wie stark ein abzugleichendes Teil (Speiche, Stub oder Antennenspitze) verkürzt bzw. verlängert werden muss, um die  Resonanzfrequenz zu verschieben (Angaben in kHz/inch).

Aufgrund dieser Angaben musste eine der Speichen des 10-MHz-Kapazitätshutes, weil sie sich nicht mehr verlängern ließ, insgesamt ersetzt werden. Kein Problem - denn hy-gain liefert, offenbar in weiser Voraussicht, zwei Ersatz-Speichen in überlanger Ausführung mit, deren eine man nur zurechtstutzen muss.

Ganz anders hingegen beim Abgleich auf 7 MHz. Das oberste Antennensegment musste nach der Tabelle um mehr als 11 Inch - also fast 30 Zentimeter! - verlängert werden. Das dafür vorgesehene Alu-Rohr an der Antennenspitze gab das mit dem besten Willen nicht her und musste durch ein neu angefertigtes komplett ersetzt werden, und das liefert hy-gain nicht mit. Wer für solch leidvolle Fälle keine Alurohr-Vorräte bereithält, könnte kurzfristig etwas alt aussehen...

Die Entscheidung, den Abgleich auf 7 und 10 MHz zu beschränken, erfuhr im April 2009 eine Revision. Da sich herausgestellt hatte, dass die Antenne bei extrem feuchter Witterung, insbesondere bei starken Regenschauern, auf 18 MHz zu noch niedrigeren Frequenzen hin "wegläuft", wurde die Resonanzfrequenz auf etwa 18100 kHz verlegt, um Regen-SWRs zu kompensieren. Die Verlegung der Resonanzfrequenz in einen höherfrequenteren Bereich führt dazu, dass selbst bei starkem Regen der sich verschiebende Resonanzpunkt in einem noch recht flachen Teil der SWR-Kurve zu liegen kommt. Um den 18-MHz-Stub um die errechneten 1,5 cm zu verkürzen  (Schraubenkombination am unteren Ende desselben), musste die Antenne nicht einmal vom Mast gehoben, sondern (Schiebemast!) lediglich abgesenkt und dann wieder auf die alte Höhe gebracht werden. Selbst die Abspannseile konnten an Ort und Stelle verbleiben.

Bau und Montage einer weiteren AV-640 - im Nachbarort bei Peter, DC2SC - gab mir Gelegenheit, dieses Vorhaben zu "begleiten" und vor allem Messungen an der Antenne vor und nach dem Abgleich vorzunehmen. Peter, noch recht frisch auf Kurzwelle und SSB-Liebhaber, stellte sich für seine Antenne etwas andere Wunschfrequenzen vor. Entsprechend anders fielen die Abmessungen seiner AV-640 aus. Hier - zum Vergleich - die  Ergebnisse bei DC2SC:

DC2SC gewünschte ResFreq (kHz)  ResFreq (kHz) vor  Abgleich in h= 3,50 m  ResFreq (kHz)  nach  Abgleich in   h = 4,50 m  Bemerkungen
  7 MHz   7080   7270   7105 Abgleich vorgenommen
10 MHz 10120 10070 10150 Abgleich vorgenommen
14 MHz 14200 13960 14195 Abgleich vorgenommen
18 MHz 18100 18025 18160 Abgleich vorgenommen
21 MHz 21200 20335 20670 Abgleich vorgenommen
25 MHz 24920 24770 24830 Abgleich vorgenommen
28 MHz 28300 28160 28510 Abgleich vorgenommen
50 MHz - 50765 - nicht weiterverfolgt

Bei diesem Exemplar lagen, außer auf dem 10-Meter-Band, die Resonanzfrequenzen der Kurzwellenbänder sämtlich jenseits der Bandgrenzen, auch hier wieder am gravierendsten auf dem 21-MHz-Band (20335 kHz). Auf allen Bändern musste nachjustiert werden. Auf 21 MHz wurde, da es nichts mehr zu "justieren" gab, eine gesamte Speiche eliminiert - ohne die Wunschfrequenz (21200 kHz) auch nur annähernd zu erreichen. Nur die exorbitant hohe, wenn auch verdächtige, 15-Meter-Bandbreite mit passablen SWRs weitab von der Resonanzfrequenz lässt diesen "Missstand" erträglich erscheinen.

Die mit der AV-640 erzielten Bandbreiten lassen, selbst auf dem üblicherweise kritischen 40-Meter-Band, Freude aufkommen. Warum die Bandbreite allerdings auf 18 MHz, wenn auch völlig ausreichend, aber doch vergleichsweise gering ausfällt, hingegen auf 21 MHz, wie geschildert, unverhältnismäßig große, ja, fast unglaubwürdige Dimensionen annimmt, habe ich, selbst mit Hilfe von EZNEC, bislang nicht so richtig klären können. Misstrauen gegenüber extrem flachen, vor allem flach bleibenden SWR-Verläufen ist erfahrungsgemäß angebracht.

Die AV-640 - erste Hörprobe

Bei einer ersten Hörprobe auf allen Bändern sowohl mit einem FT-1000MP Mark V wie mit dem älteren FT-1000D fallen keine negativen Besonderheiten auf, mit einer gravierenden Ausnahme: Auf 10 MHz ist der Störpegel, wie schon bei der R7 und auch bei der Lazy15 festgestellt, auffallend, ja, zuweilen unerträglich hoch. Tagsüber liegt er (in der Hauptsache als pulsierendes Rauschen), wie ein gleichmäßiger Schirm über dem gesamten Band, selbst bei eingeschalteten 18 dB Dämpfung (ATT-Schalter) noch bei S3 bis S5  (also eigentlich bei S6 bis S8). Tagsüber ist DX-Verkehr zumindest schwierig. Am späten Abend geht dieser Störpegel meistens, aber nicht immer auf einigermaßen erträgliche Werte zurück, die leise Signale aber immer noch schwer lesbar machen.

Auf 18 MHz waren anfangs - nicht generell, aber hin und wieder - permanente kratzende Störgeräusche mit Lautstärke S5 (in IPO-Einstellung des FT-1000D) feststellbar, die das Hören von leisen Stationen ebenfalls stark beeinträchtigten. Inzwischen sind diese Kratzgeräusche völlig verschwunden.

Ein Vergleich zwischen AV-640 und horizontal polarisierter CL-33M auf dem auch mit der AV-640 vergleichsweise störungsfreien 20-Meter-Band belegt den Vorteil des Einsatzes von Horizontalstrahlern gegenüber Vertikalstrahlern nicht nur wegen der Richtwirkung, sondern auch, was den noise floor aus Störsignalen anbetrifft. Erfahrungsgemäß neigen Vertikalstrahler zu einem besonders hohen Pickup von Störsignalen aus der näheren Umgebung (die z. B. von Schaltnetzteilen, Zeilentransformatoren, Bildschirmen, Geräten zur drahtlosen und PLC [power-line communication]-Übertragung, PCs  u. ä. ausgehen). Welche Störsignale generierende "Sendetätigkeit" die Bundesnetzagentur heutzutage in Wohngebieten zulässt, ohne zu "regulieren", ist, insbesondere im Vergleich zur Kontroll- und Messtätigkeit der guten alten Post vergangener Jahrzehnte, mehr als abenteuerlich. Sie hat inzwischen - mit steigender Tendenz - erschütternde Ausmaße erreicht und ist nicht nur aus der Sicht von Funkamateuren unhaltbar. Eine mehr als liebevolle Umarmung der simplen Elektronikschrott produzierenden Wirtschaft - nein, nicht allein durch die Bundesnetzagentur, sondern durch unsere europaweit agierenden ignoranten und sich vor der Wirtschaft devot verneigenden Politiker! Such is capitalism...

Die AV-640 im Alltagsbetrieb - eineinhalb Jahre praktische Erprobung

Erste Betriebserfahrungen mit der AV-640 fielen in eine Zeit, da das Gesicht der Sonne noch makelloser erschien als das der hochgeschätzten Marilyn Monroe, die bekanntlicherweise auf wenigstens einen (Schönheits)fleck stolz sein durfte. Bei einer Flux, die seit Mitte 2007 selten den Wert 70 überschritten hat, lagen die Grenzfrequenzen relativ niedrig und ließen Übersee-Funkverkehr jenseits der 20 MHz eher selten zu. 28 und 25 MHz sind in der fleckenlosen Zeit (Sonnenflecken-Minimum) meistens geschlossene Veranstaltungen ohne nennenswerte DX-Öffentlichkeit. Vielversprechender sind da schon DX-Versuche auf den niederfrequenteren Bändern, die in solchen Zeiten zu großer Form auflaufen können.

Das Antlitz der Sonne im Jahre 2008 und meistens leider auch 2009

Ein Gesicht ohne Schönheitsflecke. Mit großen Auswirkungen auf die Kurzwellenausbreitung - wenn auch nicht mehr lange? Der neue Zyklus hat begonnen - sagen die, die's wissen müssten.

Glauben wir's mal!

Diesem Wissen trug auch die praktische funkbetriebliche Erprobung der AV-640 Rechnung. Sie begann mit der Errichtung der Antenne am 1. Juli 2008 und sollte ursprünglich am 30. Juni 2009 abgeschlossen sein. Um die Frequenzen jenseits der 20 MHz besser austesten zu können, wurde nach Auslaufen der Testperiode beschlossen, sie bis zum Ende des Jahres 2009 zu verlängern. Eineinhalb Jahre praktische Erprobung der AV-640 also - eine lange Zeit, nach menschlichem Ermessen genügend lang, um über eine Antenne fundiert urteilen zu können. Dass das Sonnenfleckenminimum diesmal besonders "zähleibig" ausfiel, war nicht zu ahnen. Denn auch während der halbjährigen Verlängerung blieben die Flux-Werte entweder im Keller, oder sie wagten sich gerade mal über schwächelnde 80 hinaus. Auch im zweiten Halbjahr 2009 blieben Sonnenflecken Mangelware - schlechte Karten also für regen Funkverkehr oberhalb der 25 MHz und damit ebenso schlechte Karten für den Antennentester. Insofern - das darf man vorwegnehmen - kann der Test als nicht ganz abgeschlossen gelten.

Wer den Grad der Zufriedenheit mit einer bestimmten Antenne, hier der AV-640, beschreiben will, muss sich vor Augen führen, welche Lücke die Antenne im Stationskonzept schließen soll, und das möglichst effizient. Da heißt es, subjektive Ansprüche zu definieren, und diese liegen zwischen jemandem, der "nur" einfach Funkverkehr machen will, ohne irgendeinen Ehrgeiz bezüglich überbrückter Entfernung (DX!) oder des Erreichens bestimmter Länder und Territorien (DXCC!), und jemandem, der in den Charts von Top-DXern (Honor Roll!) flanieren möchte, meilenweit auseinander. Oder: Wer nur eine einzige Antenne auf beschränktem Terrain errichten kann, wird andere Vorstellungen entwickeln (müssen) als jemand, der sich auf einem gewissermaßen endlosen Grundstück eine Antennenfarm leisten kann und will. Zwischen solchen Extremen - und es gibt viele davon - bewegen sich unzählige weitere Anspruchsprofile. Und dann noch dieses: Der Glaube an Wunderantennen ist ungebrochen, aber diese existieren schlichtweg nicht. "Realistische Erwartungsbildung" ist eben auch bei Funkamateuren zuweilen etwas unterentwickelt. Ich behaupte, dass man mit (fast) jeder Antenne, auch dem sprichwörtlichen nassen Bindfaden, weitentfernte Territorien erreichen kann - ohne dass Wunder am Werke sind. Fast allein entscheidend ist, neben der Geschicklichkeit des OPs, welcher Konkurrenz ich mich beim Gerangel um ein seltenes DX gegenüber"sehe": Eine Vertikalantenne oder ein Dipol ohne parasitäre Elemente, und damit ohne Gewinn erzeugende Bündelung der abzustrahlenden Hochfrequenz, wird einer Antenne mit parasitären Elementen oder anderen Gewinn bringenden Komponenten (Richtantenne!) in der Regel unterlegen sein. "In der Regel" - gar nicht selten findet man die Überlegenheit von Richtsystemen dennoch relativiert, durch die zuweilen extrem flache Abstrahlung einer Vertikalantenne zum Beispiel. Oder: Manchmal ist Rundstrahlung von Vorteil, wo das Drehen einer Richtantenne wertvolle Minuten dauern würde. Eine Vertikalantenne z. B. ist, zumindest für Contester, immer eine gute Ergänzung zu Richtsystemen. Dies und viele andere antennenphilosophische oder strategische Aspekte sollte man bei Wahl und Beurteilung, aber gerade auch bei der Beurteilung der Beurteilung einer Antenne, nie außer Acht lassen.

Die Antennenlücke im Stations-Layout von DJ2PJ von Mitte 2008 - siehe auch oben - ist einfach zu beschreiben: 10, 15, 20 Meter durch einen Dreielementer (MOSLEY CL-33M) über dem Hausdach mehr als zufriedenstellend abgedeckt. Antenne(n) für 160, 80, 40 und die WARC-Bänder (30, 17, 12 Meter) nicht (mehr) vorhanden. Bei (vorläufigem) Verzicht auf 160 und 80 musste für die verbleibenden vier Bänder eine Lösung gefunden werden. Bedingung des OPs: Die Antenne musste für DX gut tauglich sein und, u. a. im manchmal nervtötenden Getümmel anrufender Stationen (Pile-up!), möglichst nicht allzusehr der Effizienz der CL-33M hinterherhinken. Ich bin im DXCC kein Mitglied (mehr), lege auch keinen Wert darauf, in irgendwelchen Charts verzeichnet zu sein; ich sammle ebensowenig gezielt Bandpunkte, aber nichtsdestotrotz arbeite ich an DX gern alles, was mir vor die Flinte kommt. Damit war zwar kein extremer, aber noch immer ein recht hoher Anspruch vorgegeben. Bei der Erprobung musste sich zeigen, ob die AV-640 diesem gerecht wurde.

In einem der vielen Amateurfunk-Foren beklagte sich ein OM bitter darüber, dass er es mit der vorhandenen Antenne in einem Jahr gerade mal auf 19 QSOs gebracht habe, und fragte, welche andere Antenne man ihm vorschlagen könne, um diesen Missstand zu beheben. Obwohl der pure Besitz einer guten Antenne allein noch keine Hausse im Logbuch beschert: "Dem Mann kann geholfen werden!" Von den im Log von DJ2PJ vom 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2009 verzeichneten 2.954 QSOs waren 1.931 mit der AV-640 abgewickelt worden. Wie diese Verbindungen sich auf die einzelnen Bänder verteilten, zeigt die folgende Grafik:

Wie geplant, genossen bei allen Erprobungen die ausschließlich von der AV-640 abgedeckten Bänder, also 40, 30, 17 und 12 Meter, Vorrang vor den gleichzeitig von der CL-33M abgedeckten Bänder (10, 15, 20). Wenn gerade das 12-Meter-Band mit nur 69 Verbindungen dennoch nicht besonders in Erscheinung tritt, so ist dies den z. T. miserablen Ausbreitungsbedingungen geschuldet, die sogar die ebenfalls sehr erwünschten 17-Meter-Aktivitäten (330 QSOs) behinderten. Auf beiden Bändern war weit mehr Funkverkehr beabsichtigt worden. 10 und 15 Meter blieben allein schon wegen der schlechten Bedingungen mit 83 bzw. 70 Verbindungen unterrepräsentiert; 20 Meter (148 QSOs) sollte schwerpunktmäßig Vergleichsmessungen CL-33M vs. AV-640 dienen (siehe unten) und erst in zweiter Linie QSO-Lieferant sein. Durch die auf den unteren Bändern immer wieder exzellenten Ausbreitungsbedingungen animiert, standen 40 Meter mit insgesamt 737 Verbindungen und 30 Meter mit insgesamt 494 Verbindungen und einem Anteil von 37% bzw. 26%, insgesamt also mit mehr als der Hälfte der Verbindungen, weit im Vordergrund.

Zum Einsatz kamen die Betriebsarten CW, PSK31/63/125, RTTY, SSB, JT65A, Feld-Hell, Olivia und schließlich, als ganz besondere Betriebsart, WSPR (Häufigkeit in dieser Reihenfolge).

Allein schon die für eine Testzeit von eineinhalb Jahren große Zahl der zustande gekommenen Funkverbindungen deutet an, dass es sich bei der AV-640 um alles andere als eine nicht besonders ernst zu nehmende Kompromissantenne handelt. Der sehr positive Eindruck verstärkt sich, wenn man sich die Ergebnisse auf den einzelnen Bändern etwas genauer anschaut und dabei nach Verbindungen mit europäischen (EU) und außereuropäischen Stationen (DX) differenziert. Die Rufzeichen aller kontaktierten Stationen findet man, bandweise geordnet und in zeitlicher Reihenfolge, hier.

40-Meter-Band

Mit 737 Verbindungen nicht nur das Band mit der höchsten Zuwendung, sondern auch das mit den meisten erreichten DXCC-Entities, nämlich 172, davon 56 europäischen und 116 außereuropäischen. Wie auf den anderen Bändern auch, wurde zwar systematisch nach DX-Stationen Ausschau gehalten, aber zu keinem Zeitpunkt eine DXCC-Strichliste o. ä. geführt. Mit Sicherheit hätten mehr DXCC-Entities gearbeitet werden können, wenn man es speziell darauf abgesehen gehabt hätte. Alle sechs Kontinente, auch die Antarktis, wurden viele Male erreicht. Der Europa-Verkehr wurde dabei nicht vernachlässigt.

Dass eine Station nicht auf Anruf zurückkam, war äußerst selten. Man hatte jederzeit das Gefühl, überall in der Welt ein gut hörbares und attraktives Signal zu erzeugen. Dass das auch tatsächlich so war, bestätigen z. B. WSPR-Versuche mit 5 bis 15 Watt (!) Ausgangsleistung, bei denen in den frühen Abendstunden regelmäßig Stationen aus VK (Australien) die Hörbarkeit von DJ2PJ in Down-under bestätigten.

Die Antenne erwies sich selbst in schwierigen Pile-ups (in Anfangsphasen von DXpeditionen) als erfreulich durchsetzungsfähig. Natürlich entscheidet hier auch betriebstechnisches Fingerspitzengefühl über den Erfolg. In keinem Fall musste auf eine höhere Leistung als 200 Watt zurückgegriffen werden, um ins Log des seltenen DX zu gelangen. Der Brenner blieb - fast immer - kalt.

Prädikat: gut bis sehr gut - eine vollwertige DX-Antenne mit ebenso hervorragenden Europa-Eigenschaften!

30-Meter-Band

Mit 494 Verbindungen und 166 gearbeiteten DXCC-Entities (EU: 57; außer-EU: 109) das zweiterfolgreichste Band, kaum hinter 40 Metern zurückbleibend.

Auch hier dominierte das Gefühl, ein für EU und DX gleichermaßen konkurrenzfähiges Signal in den Äther zu schicken. Allerdings wurde die DX-Arbeit erheblich durch die vielen und sehr mannigfachen Störungen auf diesem Band, u. a. durch den allgegenwärtigen Elektrosmog, in Mitleidenschaft gezogen. Leider stand kein Vergleichsdipol  mit  horizontaler  Polarisation zur Verfügung,  der  hätte  klären können, ob in der vorliegenden, z. T. extremen Störsituation ein gestreckter Dipol eine bessere Ausgangsposition geschaffen hätte.

Tests mit WSPR zeigten auch auf diesem Band, dass selbst mit geringen Leistungen das Signal auch dann in vielen überseeischen Gegenden aufgenommen werden konnte, wenn QSOs in CW, RTTY oder PSK (noch) nicht möglich waren.

Es war etwa die gleiche erfreuliche Pile-up-Festigkeit zu konstatieren wie auf 40 Metern. Alle Kontinente, einschließlich der Antarktis, waren sicher erreichbar.

Prädikat: gut - eine (trotz widriger Umstände) vollwertige DX-Antenne mit ebenso hervorragenden Europa-Eigenschaften!

20-Meter-Band

Normalerweise das DX-Schwerpunktband mit den jährlich meisten Verbindungen - aus obengenannten Gründen aber nicht zum Testen der AV-640. So reichte es gerade mal zu 148 Verbindungen und zu insgesamt 65 DXCC-Entities (EU: 33; DX: 32). Die Absicht, die AV-640 auf 20 Metern in einem der größeren Funkwettbewerbe zu testen, konnte im Versuchszeitraum nicht realisiert werden.

Stattdessen wurde versucht, mit Hilfe vor allem von DX-Stationen herauszufinden, wie stark sich die Signale von CL-33M und AV-640 unterschieden. Direkte Ansprachen von Stationen habe ich sehr schnell aufgegeben; solche Hilfeleistungen scheinen heutzutage eher verpönt oder lästig zu sein. Sprach- und  (betriebs-)technische Kenntnisse reichen zudem oft nicht aus, um sich unzweideutig zu artikulieren. Manche OM wissen offensichtlich nicht mehr so genau, was eine S-Stufe oder Dezibel sind, oder sie sind nur noch gewöhnt, Gefälligkeitsrapporte vom Typus 599 zu geben. Ein etwas trauriges Kapitel.

Um herauszufinden, um wie viele dB die dreielementige Yagi (CL-33M) der AV-640 auf einem bestimmten Funkweg überlegen war, konnte - auf recht einfache Weise - nur noch WSPR weiterhelfen. Beispiel: Funkweg DJ2PJ - östliches Nordamerika (W1MNK). In der ersten WSPR-Zweiminuten-Phase wurde, mit Beamrichtung 300°, mit der Yagi gesendet, in der nächsten Phase mit der AV-640, dann wieder mit der Yagi usf., bis genügend Messwerte vorlagen, die man mitteln konnte. Hier ein Ausschnitt aus den daraufhin im  Weak Signal Propagation Reporter Network erscheinenden Spots:

Timestamp              Call         MHz            SNR   Drift     Grid         Pwr  Reporter   RGrid      km       az

 2009-11-16 13:42   DJ2PJ   14.097095     -20      0        JN49kw    5     W1MNK   EL87uv   7753   290 

 2009-11-16 13:38   DJ2PJ   14.097096     -10      0        JN49kw    5     W1MNK   EL87uv   7753   290 

 2009-11-16 13:36   DJ2PJ   14.097096     -22      0        JN49kw    5     W1MNK   EL87uv   7753   290 

 2009-11-16 13:28   DJ2PJ   14.097097     -12      0        JN49kw    5     W1MNK   EL87uv   7753   290 

     Schwarzer Eintrag: MOSLEY CL-33M; roter Eintrag: hy-gain AV-640

   Verwendete Ausgangsleistung: 5 Watt.

Wie der Ausschnitt zeigt, unterschieden sich die bei W1MNK messbaren SNRs jeweils um aufgerundet 10 dB zugunsten der Richtantenne (EZNEC errechnet einen Unterschied von knapp 8 dB). Das entspricht einem Lautstärkeunterschied von ungefähr 1,5 S-Stufen: ein deutlicher Vorteil zugunsten der Yagi-Antenne, vor allem, wenn der noise floor bei Empfang mit der AV-640 auf 20, 15 und 10 Metern rein gehörmäßig ungleich höher (und dadurch eben auch störender) ist als mit dem Beam.

17-Meter-Band

Dass dieses Band ebenso wie die höherfrequenteren Bänder unter den z. T. sehr schlechten Ausbreitungsbedingungen litt, hatte ich bereits beschrieben. Ganze Tage lang war auf 17 Metern gar nichts oder waren nur wenige leise Stationen zu hören; an anderen Tagen machte langgezogenes tiefes Fading jede Verbindung zur Qual. Immer wieder stellte man mit Erstaunen, aber eben auch Frustration fest, wie fast "mikrogeografisch" selektiv die Ausbreitungsbedingungen ihr Spiel trieben: Stationen im Mediterran berichteten über DX-Stationen mit hervorragenden Signalen, während in höheren Breiten von denselben Stationen absolut nichts wahrzunehmen war.

Trotz solcher Erschwernisse konnten mit der AV-640  330 Verbindungen mit 49 europäischen und 104 außereuropäischen DXCC-Entities hergestellt werden. Mit diesem Ergebnis steht das 17-Meter-Band kaum hinter den erfolgreichen 40 und 30 Metern zurück.

Allerdings fiel bei der Erprobung auf, dass relativ häufig Anrufe an DX-Stationen ins Leere mündeten, bestenfalls meist erfolglose QRZ-Rufe auslösten oder die DX-Stationen sich anderen Anrufern zuwandten. Ob diese erfolgreicheren Anrufer dann in der Mehrzahl über Richtantennen oder andere prinzipiell bessere Antennensysteme verfügten oder eben von den recht kapriziösen Ausbreitungsbedingungen profitierten, konnte nicht eruiert werden. Fakt bleibt, dass zumindest DX-Stationen mit der AV-640 auf 17 Metern nicht mit der gleichen Leichtigkeit zu arbeiten waren als z. B. auf 40 und 30 Metern. Auch vermisste man für dieses Band jene Selbstbewusstsein verleihende Souveränität, mit der auf 40 und 30 Pile-ups zu knacken waren.

Dennoch sind 153 erreichte DXCC-Entities in anderthalb Jahren unter den genannten Umständen, wohlgemerkt: und ohne systematisch DXCC-Territorien nachzujagen (siehe oben), kein schlechtes Ergebnis.

Prädikat: durchaus befriedigend - wenn auch für besonders passionierte DXer vielleicht nicht unbedingt Erste Sahne.

15-Meter-Band

Eines der Bänder, an dem, aus schon erwähnten Gründen, die Erprobung gewissermaßen vorbeilief. Auf das 15-Meter-Band entfielen lediglich 70 Verbindungen und 35 erreichte DXCC-Entities (EU: 18; DX: 17). Es gab und gibt andererseits nicht den geringsten Hinweis darauf, dass die AV-640 auf diesem Band weniger effizient arbeitet als z. B. auf 17 Metern. Wenn das Band überhaupt Verbindungen zuließ, kamen angerufene Station meistens spontan zurück; es gab auch keine "verräterischen" Lautstärke-Rapporte (in der Welt von "599" allerdings kaum anders zu erwarten...).

12-Meter-Band

Dieses Band stand mehr im Fokus als 15 Meter - aber dank einer Ionosphäre, die ihrem Namen, jedenfalls auf solch hohen Frequenzen, keine Ehre machte, mit kaum besserem Erfolg. Durch einigen Beobachtungsaufwand gelangten 69 QSOs mit insgesamt 57 DXCC-Territorien (EU: 29; DX: 28) ins Log, wobei die europäischen Kontakte fast allesamt der hin und wieder auftretenden sporadischen E-Schicht zu verdanken waren. Wenn das Band wirklich einmal "offen" war, kamen Verbindungen - übrigens mit allen sechs Kontinenten - mit großer Leichtigkeit zustande. Es gab keinerlei Hinweis darauf, dass die Antenne auf diesem Band irgendwelche Schwächen hat.

Prädikat: mindestens befriedigend - auch als DX-Antenne.

10-Meter-Band

Es gilt das für das 12-Meter-Band Gesagte. 10 Meter stand zudem unter keinem besonderen Fokus (s. o.). 83 Verbindungen mit insgesamt 39 DXCC-Entities (EU: 28; DX: 11) kamen weitgehend während Funkwettbewerben oder unter dem Einfluss von Sporadic-E zustande. Den Ausbreitungsbedingungen geschuldet, waren beim erreichten DX Afrika und Südamerika überrepräsentiert. Angerufene Stationen kamen in der Regel spontan zurück. Auch hier gab es keinerlei Hinweis auf irgendwelche Antennenschwächen.

Prädikat: mindestens befriedigend - auch als DX-Antenne.

Fazit

Die DXCC-Auszählung für alle Bänder ergab das mehr als zufriedenstellende Ergebnis von erreichten 214 (von 338 gelisteten) Ländern und Territorien (EU: 65; DX: 149; siehe Abbildung):

Ein solches Resultat mit einer einfachen Vertikalantenne zu erzielen, ist nicht eben selbstverständlich und sollte der Antenne gebührende Aufmerksamkeit vermitteln. Wo bei der AV-640 Mängel in der Effizienz zu erkennen sind, würde ich sie für systemimmanent halten. Oder anders formuliert: In der Regel dürfte keine Antenne ähnlicher Bauart und Wirkungsweise der AV-640 überlegen sein.

Insbesondere auch der leichte, gut funktionierende und bandselektive Abgleich macht diese Antenne zu einem Favoriten. Kleinere mechanisch-handwerkliche Mängel fallen dabei wenig oder gar nicht ins Gewicht, zumal auch nach eineinhalb Jahren nicht die geringsten elektrischen oder mechanischen Veränderungen die Arbeit mit der AV-640 verleiden.

Kurzum: Die AV-640 kommt als eine gute und alles andere als kompromisshafte Allround-Antenne für sieben Kurzwellenbänder daher, mit erfreulich geringem Platzbedarf und der fast uneingeschränkten Eignung, auch OM mit DX-Ambitionen Freude zu bereiten, von Leuten, die einfach "nur funken" möchten, gar nicht zu reden.

Ein (sozusagen prinzipielles) Schlusswort - in eigener Sache

Der hier vorliegende Bericht, dessen resumierende Endfassung in ganz strengem Sinne noch aussteht, ist im Geiste "permanenter Evaluation" verfasst. Nehmen Sie bitte den Begriff "permanent" nicht allzu wörtlich, aber im Gegensatz zu einem Zeitschriftenbeitrag, dem man zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eine gewisse Endgültigkeit, insbesondere der Bewertungen, unterstellt, bleibt der hier vorliegende Bericht auch nach seiner Vervollständigung am Ende einer langen Testphase noch immer ein Stück ergebnis- oder doch zumindest ergänzungsoffen: mit allen Vorteilen zugunsten einer objektiven, dem Gegenstand gerecht werdenden Berichterstattung. Und das ist gut so.

Selbstverständlich lassen auch Zwischenergebnisse Urteile zu (ohne Vor-Urteile, schon gar nicht Vor-Verurteilungen sein zu müssen). Dies kann ein interessierter Leser durch wiederholtes Aufrufen dieses sich auch in Zukunft noch erweiternden, evtl. sogar verändernden Beitrags zur immer sichereren eigenen Urteilsfindung nutzen, zumal auch dem Umfang, anders als bei einem herkömmlichen Artikel in den Printmedien, kaum Fesseln angelegt werden. Seien wir dem Internet dankbar, dass es ein solches Verfahren nicht nur erlaubt, sondern geradezu herausfordert! Insofern versteht sich dieser Beitrag vom Verfahren her als eine Art Versuchsballon.

Versuchsballon? Auch journalistisch bin ich wohl ein paar neue Wege gegangen, möchte ich doch beweisen, dass technische Beiträge für Funkamateure nicht unbedingt knochentrocken sein oder den strengen Duktus von Diplomarbeiten haben müssen. Mein zuweilen recht feuilletonistisches Register ist volle Absicht; Puristen, die sowas stört oder die sich durch zuweilen sich einschleichende Redundanz belästigt fühlen, mögen mir verzeihen.

Tausend Dank all jenen, die mir geschrieben haben: Kritisches, Ergänzendes, Fragendes - manchmal alles zugleich. Es gab keinen Beitrag, der mir nicht geholfen hätte. Selbstverständlich freue ich mich weiterhin über jede Zuschrift, sei es, um meine Ausführungen kritisch zu kommentieren bzw. Fragen zu stellen, oder um eigene Erfahrungen mit der AV-640 einzubringen. Meine Email-Anschrift für diese Thematik lautet:

 

Bitten, die EZNEC-Modellierungsdaten für die AV-640 herauszurücken, musste ich allerdings generell widerstehen, und das aus primär rechtlichen Erwägungen: Ich hätte dann keinen Einfluss mehr auf  Weiterverbreitung dieser (u. U. geänderten) Daten und auf die regelgerechte Verwendung, z. B. bei der Erstellung der sogenannten Selbsterklärung, gehabt. Dafür bitte ich um Verständnis.

Da wir uns gerade im eher juristischen Bereich bewegen, noch dieses: Im Internet wird oft neudeutsch von Disklaimern (Widerrufen, Dementis), also von juristisch relevanten Abwehrmechanismen gesprochen, die bewirken sollen, dass man für sein dummes und leichtfertiges Geschwätz nicht haftbar gemacht werden soll und kann. Deshalb dementiere auch ich alles hier über die AV-640 Gesagte, soweit ich für daraus entstehende negative Folgen, Schäden an Leib und Seele, Missverständnisse, negative Kaufentscheidungen und vieles Schreckliche mehr haftbar gemacht werden sollte. Nichtsdestotrotz habe ich versucht, diesen Bericht mit großer Akkuratesse und vor allem Wahrheitsliebe, kurzum: nach bestem Wissen und Gewissen, anzufertigen.

Und noch eines: Mit Produktions- und Lieferfirmen pflege ich in der Regel zwar freundlich-friedlichen Umgang, bin aber mit keinem einschlägigen Unternehmen verwandt, verschwägert noch sonstwie verbandelt; ich beziehe auch von nirgendwo Tantiemen für ein Verhalten, das Kaufreize stimulieren könnte. Internet-Links von Vertriebsfirmen der AV-640 zu meiner Webseite sind nicht von mir initiiert worden, aber ich freue mich riesig über sie.

Nachdem ich nun (fast) alles in Abrede gestellt habe, wünsche ich Ihnen viel Glück, Spaß und Erfolg: mit der AV-640 und natürlich insgesamt mit unserem schönen Hobby!

Ach ja, und noch eines: Sie können sich diesen Bericht gern als Hardcopy im pdf-Format herunterladen. Hier!

 

 
Published: December 2016

Last revision: 6th February 2017

©2017 by Hans-Dieter Teichmann

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